Kontaktverbot, Reiseverbot und Einschränkungen beim Arbeiten und in der Bildung. Dies alles sind Maßnahmen, die innerhalb der EU ergriffen wurden, um das Coronavirus einzudämmen. Aber was hat das zu bedeuten? Die Vizepräsidentin der EU-Kommission Vera Jourova meint, die Grundrechte wären mittlerweile im Kampf gegen das Coronavirus eingeschränkt (ZDF 2020). Diese sind in der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ festgehalten und für jeden einsehbar. Dazu kamen alle EU Staaten zusammen und hielten ihre gemeinsamen Rechte und Werte fest, um die Menschen vor Unrecht zu schützen. Doch während der Corona Krise sieht es ganz anders aus und plötzlich dürfen wir nicht mehr reisen, wohin wir wollen, nicht mehr in die Kirche gehen und vor allem uns nicht mit mehr als einer weiteren Person treffen. Wird damit zu stark in die Grundrechte eingegriffen, wie weit ist es erlaubt und wirklich im Sinne aller Bürger? Wie steht es um die Demokratie?
Ein Artikel von Frida Kruse, Klasse 10 des Gymnasium Papenburg
Wie es in der Charta steht, so ist die Würde und das Leben eines Menschen unantastbar (Titel 1, Artikel 1-5). Zudem wird in Titel 2 die Freiheit jedes Menschen festgehalten und mit mehreren Unterpunkten bekräftigt und viele Rechte formuliert. Die folgenden Artikel bauen darauf auf und machen ein lebenswertes Leben aus. Dazu gehört zum Beispiel das Recht auf Freiheit (Artikel 6), auf Bildung (14) und Arbeit (Artikel 15), Versammlungsfreiheit (Artikel 12), Religionsfreiheit (Artikel 10) und Aufenthaltsfreiheit (Titel 4, Artikel 45). Diese sind unter anderem die wichtigsten Rechte für ein selbstbestimmtes und freies Leben. Dazu hat jeder das Recht auf Gesundheitsschutz (Titel 3, Artikel 35), was besonders in dieser Zeit unverzichtbar ist. All diese Rechte sind auch ein wichtiger Bestandteil der Demokratie.
Das Recht auf Freiheit und Sicherheit in Titel 2 Artikel 6 gewährt jedem Menschen uneingeschränkte Freiheit, die von niemandem unbegründet zu nehmen ist. Genaueres sagt die Religionsfreiheit (Titel 2, Artikel 10). Das bedeutet, dass jede Religion geachtet wird und diese frei ausgeübt werden darf. Dazu gehört zum Beispiel auch der Kirchgang, der zurzeit verboten ist. Auch die Versammlungsfreiheit in Artikel 12 erlaubt das Treffen und Zusammenkommen von Menschen, was ebenfalls erheblich vom Kontaktverbot eingeschränkt ist. Artikel 14, das Recht auf Bildung, gewährt Jedem unbeschränkte Bildung. Doch auch das ist auf Grund der Schließung von Schulen und Bildungseinrichtungen nur begrenzt gewährleistet. Ähnliches sagt die Berufsfreiheit und das Recht zu arbeiten (Artikel 15). Unter normalen Umständen ist allen Menschen nicht nur der Beruf freigestellt, sondern auch die uneingeschränkte Möglichkeit des Arbeitens. Allerdings ist auch das zurzeit nicht immer möglich. Kurzarbeit, Zwangsurlaub oder die komplette Schließung aller nicht systemrelevanten Firmen führen dazu, dass viele Menschen derzeit wenig bzw. gar nicht arbeiten oder sogar ihren Job verloren haben. Teil 5, Artikel 45 beschreibt die Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit jedes einzelnen. Das bedeutet, dass sich alle jederzeit aufhalten dürfen, wo sie wollen. Die Schließung aller Grenzen oder eine strikte Ausgangssperre, wie es in Spanien der Fall war, gewährleistet diese Freiheit nicht mehr. Dazu hat jeder Bürger das Recht auf Gesundheitsschutz, wie in Titel 3, Artikel 35 geschrieben steht. Das soll jedem einzelnen Gesundheitsvorsorge gewähren und ein hohes Gesundheitsschutzniveau durch die Politik sichern.
Um den Gesundheitsschutz aller, besonders der chronisch Kranken oder Alten zu sichern, hat jeder Staat Europas eigene Beschränkungen und neue Regeln festgelegt. Der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichtes sagt dazu der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Es muss alles getan werden, um Art und Ausmaß der Gefahren genauer einzugrenzen.“ (ZDF 2020). Die bestehende deutsche Kontaktsperre, die Schließung von Bildungsstätten und Schulen und auch die Schließung der Grenzen sind ein Beispiel dafür. Dabei wird allerdings teilweise in verschiedenste Freiheiten und Rechte des EU-Grundgesetztes eingeschritten, was legitimiert und in außerplanmäßigen Situationen berechtigt ist. Allerdings sind dazu keine Grenzen festgelegt, was viele Juristen empört, so heißt es in einem Artikel des ZDFs. Der Meinung ist auch der frühere Bundesverfassungsrichter, der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt: „Das muss befristet sein“ und sich damit für schnelle Lockerungen ausspricht (ZDF 2020). Führt eine solche Unklarheit vielleicht zum Missbrauch? Zwar sind Freiheitsbeschränkungen schwierig mit einer Demokratie vereinbar, doch „Das Coronavirus darf die demokratische Ordnung nicht killen.“, sagte Vera Jourova (ZDF 2020).
Als Schülerin bin ich der Meinung, dass alle Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sich als gut überlegt, sinnvoll und wirksam bewiesen haben und deshalb zum Schutz aller beitragen. Die Meinung, dass die Grundrechte dadurch gefährdet sind, vertrete ich nicht. Dafür haben wir es meiner Meinung nach noch sehr gut und spüren keine diktatorischen Maßnahmen. Die Demokratie ist meiner Ansicht nach nicht gefährdet und damit ist uns nicht zu viel Freiheit genommen worden. Wir befinden uns nicht in einer Zeit der Machtübergabe an einen Einzelnen, sondern Mächtige arbeiten enger zusammen als je zuvor. Auch eine Politikerin aus Tschechien sagte zum Verstoß der Demokratie: „Wenn das der Fall sein sollte, werden wir einschreiten.“ (ZDF 2020). Auch Jourova sagt: „Darum ist die Kontrolle in diesem Moment so wichtig.“ (ZDF 2020). Deshalb bleibt für mich die Angst von einer Ausnutzung der Freiheitsbeschränkungen unbegründet. Zu unserem eigenen Schutz müssen Beschränkungen in Kauf genommen werden und sind unumgehbar. Da sich die Politiker vor jeder Entscheidung mit Virologen und Professoren aus dem Gesundheitswesen absprechen, klingen alle Maßnahmen sinnvoll und berechtigt. Viele regen sich über die Entscheidungen der Politik auf, doch wie Merkel in der Fernsehansprache sagte: „Die Lage ist ernst.“ (Manager Magazin 2020). Auch deshalb empfinde ich alle Einschränkungen und auch das Kontaktverbot zumindest vorerst angemessen und verletzten meines Erachtens nach nicht das Grundgesetz der EU. Dazu zusagen ist, dass Lockerungen in naher Zukunft erforderlich sind, um unsere Rechte, Freiheiten und die Demokratie zu erhalten. Da dies schon schrittweise passiert, habe ich keine Bedenken. Trotzdem bleibt die Frage, müssen wir auf lange Sicht für einen gewährleisteten Gesundheitsschutz unsere Demokratie und Rechte opfern?
Quellen:
Die Rede von Angela Merkel im Wortlaut. Manager Magazine am 18.03.2020. Online verfügbar: https://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/coronavirus-die-rede-von-angela-merkel-im-wortlaut-a-1305550.html <09.05.2020>
EU Charta der Grundrechte. Online verfügbar: https://www.europarl.europa.eu/germany/resource/static/files/europa_grundrechtecharta/_30.03.2010.pdf <09.05.2020>
Wie viel Verbot ist erlaubt? Corona und die Grundrechte, ZDF am 10.04.2020. Online verfügbar:
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