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Sorgenkind Schweden

Updated: May 14, 2020

Sollte die EU zum Schutz der Bürger eingreifen?

Die aktuelle Pandemie des COVID-19 lässt EU-Länder und ihre Abgeordneten auf Hochtouren laufen. Maßnahmen in Form von Maskenpflicht, Schulschließungen, Ausgangssperren etc. werden ergriffen. Ohne ein großes Vorschreiben der EU ergreift jedes Land diese Maßnahmen zum Schutz der Bürger. Außer Schweden. Schweden geht unabhängig seinen eigenen Weg, ohne Einstellen des öffentlichen Lebens. Während die ganze Welt bangt, vergnügen sich Schwedens Bürger weiterhin in ihren Lokalen.

Ein Artikel von Miriam J., Klasse 10 des Gymnasium Papenburg


Schwedens Sonderweg

Anlässlich der Eindämmung und Bekämpfung der aktuellen Corona-Krise setzt Schweden nicht, wie alle anderen, auf Verbote, sondern vielmehr auf Appelle.Also anstatt sicherzugehen, dass ihre Bürger im Sinne des Stopps der Pandemie handeln und zuhause bleiben, vertrauen die schwedischen Politiker auf die Vernunft ihrer Bürger. Die Bars und Restaurants bleiben stets geöffnet und sogar Veranstaltungen bis hinzu 50 Teilnehmern sind weiterhin gestattet. Aber mit Sicherheit denkt jeder Schwede nicht an sich und sein Vergnügen, sondern an die Gesundheit der Mitmenschen und bleibt zuhause, richtig? Ein Blick in die munter besetzten Skibars müsste genügen, um zu erkennen, dass die Regierung wohl ein sehr optimistisches Bild ihrer Bürger verfolgt. Doch für diejenigen, die die Situation ernst nehmen und sich distanzieren wollen hat Schweden natürlich etwas parat: In einer Stadt namens Värmland eröffnete ein Pärchen eine Art „Restaurant“ ganz nach dem Motto: Dinner for one. Dieses „Restaurant“ ,insofern man es überhaupt so nennen kann, besteht aus einem Tisch mitten auf einer einsamen Wiese. Zwischendurch kommen die Betreiber und reichen einem Essen, das wars dann aber auch wieder. Ein Besuch zu zweit ist nicht gestattet. Also wer da nicht gerne ein paar einsame Stunden verbringen möchte, anstatt in ein offenes Restaurant, mit Dach über dem Kopf zu rennen , ist mir echt ein Rätsel. Schweden weiß ebend mit seinen Angeboten zu reizen.

Johan Carlson, der Chef der schwedischen Gesundheitsbehörde betitelt die Ausgangssperre der Mitgliedstaaten als “ein heikles Experiment” und sieht weiterhin davon ab, Maßnahmen in Form von Verboten zu ergreifen. Doch ist es nicht eher die schwedische Regierung, die ein “heikles Experiment” eingeht und ihre Bürger gefährdet?

Ganz Europa schaut kritisch auf Schweden. Selbst die schwedische Virologin, Lena Einhorn, sagt: “Meiner Meinung nach hat die Gesundheitsbehörde die Gefahr völlig falsch eingeschätzt.” Wenn Schweden also wirklich seine Bürger und deren Gesundheit in Gefahr bringt, sollte die EU nicht schleunigst eingreifen?


Grundlegendes zur EU

Aufgebaut auf einem rein wirtschaftlichen Bund zwischen 6 Staaten ist die EU seit ihrer Gründung 1993 bis heute ziemlich gewachsen. Sie ist nicht nur um 21 Staaten größer geworden , sondern hat auch einige Beschlüsse, grundlegende Werte und Ziele dazu gewonnen. Seien es die Gründung einer Währungsunion, den Euro, bis hin zur Förderung des Friedens. Die EU verfügt über viele Aufgabenfelder, darunter auch das Wohlergehen eines jeden EU-Bürgers. Laut Artikel 168 des Lissabonner-Vertrags soll in ganz Europa ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden. Dieses erfolgt beispielsweise durch das Zuweisen von benötigten Mitteln oder Geld. Insbesondere im Beschluss Nr.1082/2013, der im November 2013 in Kraft getreten ist, wurden Bestimmungen über die epidemiologische Überwachung von grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren, einschließlich der Reaktionsplanung eines EU-Mitgliedstaates festgelegt. Grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr... kommt bekannt vor, oder? Wenn die EU sich für die Sicherheit der Bürger einsetzen will, sollte sie nicht dringend die Notbremse ziehen und Schweden vor einer Katastrophe schützen?


Europa in der Zwickmühle

Mit Sicherheit juckt es den ein oder anderen EU-Politiker gewaltig in den Fingern, doch schauen wir einmal auf die Prinzipien ,nach denen die europäische Union arbeitet. Vielmehr auf ein ganz wichtiges Prinzip: Das Subsidiaritätsprinzip. Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass Aufgaben möglichst von der kleinsten zuständigen Einheit übernommen werden sollen, in dem Fall den Mitgliedsstaaten. Wenn diese nicht alleine Handeln können, kommt Europa und greift ein. So wird eine möglichst bürgernahe Entscheidung angestrebt. Jetzt könnte man natürlich behaupten, dass Schweden nicht alleine handeln kann, ohne gegen eines der grundlegenden Ziele zu steuern (Artikel 168). Blöderweise würde Europa dann aber gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien verstoßen. Das Subsidiaritätspinzip beinhaltet nämlich, dass die Union nur innerhalb ihrer von den EU-Mitgliedstaaten vertraglich übermittleten Zuständigkeiten tätig werden darf. Das Eingreifen in ein landeigenes Gesundheitssystem ist der EU also nicht gestattet.


Ein falscher Weg?

Wer sich auf die Suche begibt, um eine Antwort auf diese doch einfache Frage zu bekommen, dem mag aufgefallen sein: Die Antwort ist viel komplexer, denn selbst in der Welt der Wissenschaftler und Mediziner spalten sich die Meinungen. Auf jeden Fall lässt sich sagen, dass es noch nicht zu einer großen Katastrophe, in Form von nicht händelbarem Anstieg der Infizierten und Sterbenden gekommen ist. Doch wieso geht Schweden dieses Risiko überhaupt ein? Es gibt mehrere Antworten, doch eine dieser Antworten, wenn nicht sogar die schwerwiegendste ist, dass Schweden seine Wirtschaft nicht zerstören möchte. Nun genügt aber ein Blick auf die Zahlen, und es wird auffallen: Trotz des wirtschaftsschonenden Sonderweges, hat Schwedens Wirtschaft nicht, wie gewünscht, standgehalten. Schweden sieht „den größten Einbruch seit den 50er-Jahren”, so der Ökonome Eric Spector. Die Firminsolvenzen nehmen zu und das Bruttoinlandsprodukt soll um sieben Prozent gefallen sein.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Sonderweg Schwedens zwar fragwürdig ist, es sich aber noch nicht final als falschen Weg betiteln lässt. Fakt ist aber, dass Schweden am eigentlichen Ziel, nämlich die Wirtschaft so stark wie zuvor zu halten, vorbei geschossen ist. Aber nicht zu vergessen sei, dass es nunmal im Versailler-Vertrag vereinbart ist, dass jedes Land sich eigenständig um seine individuelle Gesundheitspolitik kümmern muss. Dies ist nicht das Aufgabengebiet der EU, ihr sind praktsich die Hände gebunden. Doch sollte daran etwas geändert werden?

Quellen (werden noch aktualisiert)

merkur.de,

spiegel.de,

dejure.org,

deutschlandfunkkultur.de,

parlament.gv.at,

tagesspiegel.de,

eur-lex.eu

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