Der Covid-19 Virus ist eine neue Bedrohung für Gesundheit und Wohlstand. Geschäfte werden staatlich geschlossen und sollen doch schon bald wieder öffnen. Aber was steckt dahinter? Genau diese Frage habe ich mir im Verlaufe der Recherche gestellt und möchte sie nun Dir als Leser beantworten. Dabei werde ich zunächst die Grundlagen unseres Wirtschaftsmodells erläutern, wie wir Abläufe in der Wirtschaft im Allgemeinen auf ein weiteres Modell veranschaulichen können und schlussendlich möchte ich meinen Beitrag zu diesem Thema leisten. So hoffe ich nach dem Lesen des Beitrags sehr, dass Du Dich besser informiert fühlst und meinen Denkanstoß mit deiner jetzigen Meinung reflektierst.
Ein Kommentar von Matthias K., Jahrgang 12 des Gymnasium Papenburg
Soziale Marktwirtschaft - unser Fundament Die soziale Marktwirtschaft ist eine Art Kompromiss zwischen freier Marktwirtschaft, ein System nach dem Motto „der Markt regelt das selbst, der Staat hat da nichts zu suchen“, und der zentralen Planwirtschaft, ein komplett konträres System nach dem Motto „wieso einen reicher werden lassen, wenn wir sowieso alle gleich sind, lass den Staat das mit dem aufteilen regeln“ . Die soziale Marktwirtschaft soll so die besten Aspekte aus beiden Systemen aufgreifen. So ähnelt sich die Wirtschaft sehr der des freien Marktes mit dem Eingriff, dass sich der Staat das Recht nimmt, bei sozialen Problematiken einzugreifen wie beispielsweise beim Mindestlohn und bei den jetzigen Ausgangsbeschränkungen.
Aber gerade, weil sich der Markt sehr dem des freien Marktes ähnelt, gibt es auch die typischen Schwankungen, weil sich Angebot und Nachfrage immer auszugleichen versuchen. Dabei hat sich das Modell des Konjunkturzyklus für das veranschaulichen dieser Schwankungen bewährt.
Zur verständlicheren Darstellung sehen wir uns Firma X an. Firma X produziert Fahrräder. Da Fahrräder vor ein paar Monaten noch sehr gefragt waren, erfuhr Firma X einen enormen Aufschwung (1) und konnte wachsen, beschäftigte so mehr Mitarbeiter und vergrößerte gleichzeitig das Sortiment. Sie lebten den sogenannten Boom (2), auf den doch schnell eine heftige Rezession (3) folgte, da die Nachfrage sank (bspw. wegen der Jahreszeit Winter). Die Kapazitäten waren so heruntergestuft, dass man schon von einer Depression (4) sprach, und haben sich mit den Umständen entsprechend eingependelt. Da nun aber Fahrräder mit der Zeit wieder kaputt gingen und Nachfrage mit der neuen Saison stieg, konnte der Zyklus vom Neuen beginnen.
Diese vereinfachte Darstellung der saisonalen Konjunktur deckt alle Phasen des Modells bzw. des Zyklus ab. Dabei betrachtet man aber nicht ein Unternehmen, sondern das gesamte deutsche Wirtschaftsvolumen (mit Indikatoren wie dem BIP, dem Exportvolumen oder der Arbeitslosenquote), sodass die Saison vernachlässigt werden kann. Derweil bewegen wir uns in einer Rezession. Viele Unternehmen brauchen Direkthilfen und die Arbeitslosenquote steigt. Um direkt auf das Konjunkturgeschehen Auswirkungen zu erzielen, besteht eine effektive Möglichkeit in der Geldpolitik. Der Staat greift mehr oder minder direkt in den Konjunkturzyklus ein.
Dabei wird in zwei Hauptformen unterschieden: Expansive Geldpolitik: Es wird mehr Geld in Umlauf gebracht, vor allem angemessen in Zeiten der Rezessionen, da dadurch der Zins niedriger wird, Investitionen so günstiger erscheinen. Der Staat investiert in die Wirtschaft durch zusätzliche Aufträge. Auch die Steiern können gesenkt werden. Kontraktive Geldpolitik: Das monetäre Volumen wird verkleinert, Zinsen steigen, sodass die Wirtschaft langsamer wächst. Eher gedacht für die Verhinderung einer zu großen Rezession/ Finanzblase. Der Staat kann hier zum Beispiel Steuern erhöhen oder das eigene Engagement bei Aufträgen in der freien Wirtschaft zurücknehmen.
Wie schon erkennbar ist, ist in der aktuellen Lage die expansive Geldpolitik entscheidend. Da diese aber nicht langen Bestand hat, sondern sogar auf mittelfristiger bis lange Sicht zur erhöhten Inflation führen kann, ist dieses Mittel nur bedingt einsetzbar (hinzu kommen noch Fallen wie die Investitionsfalle, Liquiditätsfalle oder die Geldmengenfalle). Die Politik bedient sich derweil dennoch an diesem Instrument, da es eine schnelle und effektive Auswirkung auf die Wirtschaft hat (vgl. Keynes).
Das Problem Doch genau hier besteht ein anderes Problem: Währenddessen andere Rezessionen selbstverschuldet (oder aber auch von Dritten wie in der Finanzkrise 2008/09) auf Blasen basieren und somit absehbar „ausgebadet“ werden können, stellt der Covid-19 Virus ein anderes Problem dar: Niemand weiß wie lange es braucht, bis ein allgemein zugängliches Heilmittel auf dem Markt kommt. Und so wird diese Geldpolitik mehr oder minder unnütz, vor allem wenn Virologen warnen, dass wir noch lange nicht das Schlimmste durchgestanden haben.
Das Dilemma fängt hier aber erst an: Die Geschäfte sind gleichzeitig zwangsweise geschlossen, fahren somit kaum Umsatz ein, vor allem solche nicht, die sowieso kaum im Internet etabliert sind. Und obwohl die Ausgangssperren selbsterklärend sind, muss etwas getan werden, damit die Wirtschaft nicht komplett zusammenbricht. Das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten aber gleichzeitig darauf aufpassen, dass nicht Millionen von Existenzen in den nächsten Jahren zugrunde gehen, ist nun eine unmöglich wirkende Aufgabe.
Deutschland steht hier vor allem in einer ungünstigen Lage. Das soziale Fundament, worauf die deutsche Marktwirtschaft fundiert, ist dabei ein riesiges Hindernis für die Wirtschaft. Denn es wäre unverzeihbar ein Sozialstaat zu sein, wenn man gleichzeitig Ärzte wie in anderen Ländern entscheiden lassen müsste, welche Patienten behandelt werden und welche nicht (->Gesundheitssystem überlastet wie in Italien), aber auch Millionen von Menschen ihre Jobs verlieren zu lassen (->Lock-Down in Amerika).
Die Lösung So vergibt Deutschland Soforthilfen in Form von ungeprüften Krediten und ermöglicht es durch Eilverfahren bei Gesetzen, dass Arbeitgeber ihre Angestellten nicht kündigen müssen. Da dies aber keine langfristige Lösung ist, muss schnellstmöglich eine alternative Lösung her. Und dabei bietet es sich nur an, zu einer Art von Alltag mit Auflagen zurückzukehren: Zwar erwirtschaften Geschäfte nicht unbedingt die gleichen Einkommen wie vor der Corona-Krise, dennoch sind sie wieder unabhängiger, der „normale“ Kreislauf beginnt somit wieder, und Deutschland kann sich so Zeit verschaffen für eine mögliche zweite Welle, die allgemeine Zufriedenheit kann sich regenerieren und ein Lichtblick ist wieder erkennbar.
Widersacher der Lösung - Plädoyer Der Staat (bzw. die Politik) befindet sich als höhere Instanz in einer unangenehmen und sehr schweren Lage. Zum einen müssen sie sicherstellen, dass nicht unnötig Risiken bei Infektionen eingegangen werden, zum anderen aber auch einen Großteil der Existenzen sichern. Und der Weg, den man jetzt mit Schul- und Ladenöffnungen eingeht, ist einer, der aus der Not geschieht. Das Freiheitsbedürfnis in Deutschland ist dermaßen groß, Leute haben Angst um ihre Zukunft und niemand weiß, wie lange wir diese Zeit noch durchstehen müssen. Und in dieser verzwickten Lage dennoch Geschäfte zu öffnen, ist, meiner Ansicht nach, ein fahrlässiger Ansatz. Zwar kann ich es verstehen, dass man wirtschaftspolitisch keine zwei Jahre mehr so durchhalten könnte, aber trotz aller Naivität riskiert man damit eine weitreichende Erhöhung der Infektionszahlen, womit man automatisch Risikogruppen bedroht (ein beachtlicher Teil in Deutschland) und Tote in Kauf nimmt. Und wenn man das Gefühl von Wohlstand über einen Toten ziehen will, so ist es sicher, dass die soziale Komponente in Deutschland wegfällt.
Lieber Leser, liebe Leserin, ich hoffe, dass ich Dir das Dilemma klarmachen konnte. Das soll mein Plädoyer sein: Es gibt nicht nur den einen Weg in Deutschland aus der Krise. Es ist eine zutiefst philosophische Frage, und egal wie man zum Thema steht, man wird Verluste einfahren und auf Problematiken treffen. Wir sind zwar der Staat, aber hab bitte Verständnis dafür, dass politische Fehlgriffe in nächster Zeit auf uns zukommen werden, die keiner von uns adäquat gelöst haben könnte, egal ob der Virus harmlos war oder nicht.
Quelle:
Brandt, M. (2020). Risikogruppen sind überall. statista.de: statista.
Deutsche Welle (2020). Immer mehr US-Amerikaner ohne Job. dw.com: Deutsche Welle.
Fed. (30. 04 2020). Godmode-Trader. Lehming, M. (2020). Der Moment, wenn Corona-Ärzte über den Tod entscheiden. www.tagesspiegel.de: Tagesspiegel.
Stiftung, K. A. (12. 05 2020). KAS. Von KAS: https://www.kas.de/ abgerufen
Unger, B. (1 2010). www.kurswechsel.at.
Vogt, P. D. (2020). COVID-19 - eine Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten, sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen. www.mittellaendische.ch: Die Mittelländische Zeitung.
Wikipedia. (17. 02 2020). Wikimedia. Von https://www.wikipedia.org/ abgerufen
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